Uns geht es um den Stadtteil Steilshoop.
Genauer: Um „Neu-Steilshoop“, um das Quartier der Großwohnsiedlung.
Steilshoop ist ein armes Quartier. Eines der ärmsten in Hamburg. Obwohl seit vielen Jahren hier immer wieder mit öffentlichen Mitteln saniert wird, ist es ausweislich des jährlichen, von der Baubehörde herausgegebenen Sozialmonitorings, ärmer geworden.
Und es ist (neben dem kleinen Harburger Phönix-Viertel) mit mehr als 20.000 Einwohnern/km² das am dichtesten besiedelte Quartier der Stadt. Hier leben sehr viele Transferleistungen beziehende Menschen auf engem Raum.
Ausgerechnet hier bei uns soll als Schwerpunkt des bezirklichen Wohnungsbaus das Wohnen weiter verdichtet werden: In unattraktiven, engen und ökologisch nicht nachhaltigen Ringbauten sind in unserem Stadtteil etwa 500 weitere Mietwohnungen für bis zu 2000 Menschen im SAGA-Systembau geplant.
Wir wollen einen Planungsstopp für diese geplante Bebauung erreichen.
Wir wollen stattdessen eine Gesamtplanung für Steilshoop erreichen mit einer echter und nicht nur „pro forma“-Beteiligung der Bewohner*innen.
Die Ausgangslage in Steilshoop ist so: Die Infrastruktur ist mangelhaft:
- Viele Infrastruktureinrichtungen haben wegen der hohen Mietpreise im Einkaufszentrum und der niedrigen Kaufkraft im Quartier den Stadtteil verlassen – wie REWE, wie die Bank und der Buchladen, die Bäckerei NUR HIER, der Schuhladen, der Juwelier etc. – oder sind an den Rand außerhalb von Steilshoop gezogen – wie die Post.
- Das letzte Restaurant mit Abendgastronomie hat angesichts der Mietforderung vor Jahren aufgegeben.
- Der Wochenmarkt ist angesichts dieses Umfeldes und trotz der Neugestaltung einer „Markt- und Eventfläche“ eingegangen.
- Viele Ärzte sind in Stadtteile mit mehr Privatpatienten gezogen, die verbliebenen sind vollkommen überlastet, es gibt so gut wie keine Spezialisten.
- Die Stadt Hamburg hat vor kurzem eine intakte Sporthalle abgerissen – und damit auch das Angebot für die jetzige Bewohnerschaft verschlechtert.
- Die städtische Kita wird seit Jahrzehnten in zweckentfremdeten Wohnungen betrieben, weil es keine adäquaten Flächen gibt, Ersatz ist nicht in Sicht.
- Selbst bei der neuen U-Bahn spart der Senat: Sie soll in Steilshoop nur einen einzigen Halt bekommen und auch am Bahnhof Rübenkamp – eigentlich Umsteigepunkt zur S-Bahn – ohne Halt vorbeirauschen.
Senat und Bezirk Wandsbek möchten ausgerechnet hier 500 zusätzliche bis zu siebengeschossige Wohneinheiten im schlichten SAGA-Systembau errichten.
Zusätzliche Infrastruktur wird nicht mitgeplant, weder Gewerbe noch Pflege oder Gastronomie, keine Sportflächen, auch keine kulturellen Angebote, ganz abgesehen von fehlendem Parkraum.
Das Wohnumfeld und die Entwicklung des armen Stadtteils spielen bei den Neubauplanungen keine Rolle.
Die abgerissene Sporthalle soll nicht ersetzt werden und zwei bisher vorhandene von zwei Sportvereinen genutzte Fußballplätze sollen auf einen reduziert werden. An ökologische Vorgaben will man sich nicht halten (Dach/Fassadenbegrünung, urban gardening, grüner Ring).
Auch der Hamburger „Drittelmix“ ist nicht vorgesehen, es soll auch keine Baugemeinschaften oder Genossenschaften, keine Wohnprojekte geben, alles Themen, die die Wandsbeker Koalition eigentlich fest verabredet hatte (s.u.). Gilt aber nicht für Steilshoop.
In unattraktiven, engen Ringbauten – teilweise direkt im zu schützenden „Grünen Ring“ der Hansestadt – sollen jeweils 8,- €/Quadratmeter Mietwohnungen der SAGA entstehen. Falls es nicht Wohnungen für 12,-€ /Quadratmeter Miete werden, mit denen die letzten freien Flächen des Quartiers bebaut werden sollen, weil ja die Preise steigen – wie die SAGA bereits mitteilte.
Gegen diese Planung wehren sich Steilshooper Bewohner, Vereine und Initiativen seit Jahren.
Die Kritik: in Steilshoop soll in Fortführung der 1960er Stadtteilentwicklungsplanungen „mehr vom Gleichen“ gebaut werden, statt das Quartier insgesamt attraktiv zu machen, also Infrastruktur und Kaufkraft mit zu stärken. Steilshoop besteht schon heute aus hohen Wohnringen. Die Fortführung dieser überkommenen Architektur wird die Entwicklung des Stadtteils zu mehr Attraktivität, zu mehr Lebensqualität nicht fördern. Die Vorgaben des Baugesetzbuchs würden in keiner Weise berücksichtigt, siehe § 1 BauGB.
Kein Vorschlag aus dem Quartier fand bislang Berücksichtigung. In Steilshoop wird vom Senat eine rückwärtsgewandte und rücksichtslose Stadtentwicklung betrieben und die formulierten Bewohner*innen-Interessen nicht in die Planungen einbezogen.
Ein Blick in die Wandsbeker Koalitionsvereinbarung von SPD und GRÜNEN zeigt jedoch, dass genau die Forderungen aus Steilshoop eigentlich bezirkliches „Regierungsprogramm“ sind:
- Insbesondere „insbesondere Wohnungsbaugenossenschaften und Baugemeinschaften“ sollen bei der Vergabe städtischer Grundstücke berücksichtigt werden,
- Grün- und Erholungsflächen sollen nur nachrangig bebaut werden, wenn es gar nicht anders geht
- Wohnen, Arbeiten und Gewerbe solle zusammengeführt werden (Nutzungsmix-Urbanität)
- Gemeinschaftsflächen sollen geschaffen werden
- Generationenübergreifende Wohnformen will die Koalition bei Neubauvorhaben fördern
- Es soll vor allem darauf geachtet werden zu bauen, was die Menschen, die dort leben, als gute Architektur und einladenden Städtebau wahrnehmen (!) und die Koalition hat vertraglich vereinbart, „zielgenau sicherzustellen, dass die notwendige Infrastruktur Schritt hält. Dabei geht es um die Infrastruktur an Kitas und Schulen, die Familienhilfe, Kulturangebote und Sportanlagen genauso wie um sichere Schulwege, attraktive öffentliche Plätze, Straßen und Wege, den öffentlichen Nahverkehr sowie Barrierefreiheit“.
Aber die Steilshoop Planung ist auch ausdrücklich erwähnt, es gibt konkrete Verabredungen für die Situation in Steilshoop. Auch diese werden bisher nicht umgesetzt:
Die Bezirks-Koalition will laut Koalitionsvertrag:
- Gewerbe und/ oder Gastronomie prüfen
- Perspektiven zur Weiterentwicklung der „Parkplatzfläche“ für alternative Nutzungen im öffentlichen Dialog prüfen (Ideenwettbewerb)
- Gespräche mit Stadtteilgremien weiterführen
Dies alles geschieht bis heute nicht.
Die Bewohner*innen fordern daher einen Planungsstopp und Berücksichtigung von ökologischen, sportbezogenen und stadtplanerischen Standards.
Es kann nicht nur um Zahlen im Wohnungsbau gehen, sondern vor allem um die Menschen im Quartier!